for solo violin and large ensemble (2018/2019), 12 min.

Video
Score

” Ich fand das Stück sehr original, ein Monolith, das richtige Stück in der richtigen Zeit. ”
– Peter Eötvös

Für Violine und große Ensemble (2018/2019)

Das Gehör ist die Tür zur Seele. Eine Tür die immer offen steht. Aufnahmebereit. Passiv wie aktiv. Permanente auditive Überforderung als Resultat einer viralen Raum-Beschlagnahme. Kulturelle wie gesellschaftliche Bedingungen als Bezugspunkte einer Wahrnehmung in humanem Sinn werden medial geflutet und vereinheitlicht zu einem globalen monokausalen Entwertungssystem. Ethik, Moral und Kultur verschmiert vom geistigen Abfall einer selbstgefälligen Feudalgesellschaft. Gehirnwäsche als Akt einer totalitären Verschmutzungsfraktion. Verträumte Tralala- und sexy Bum-Bum-Ästhetik strömt aus der vordergründigen Bedürfnisanstalt degenerierter Suchtgemeinschaften. Lautstarke Selbstinszenierung dominiert auf stylisch- linearen Wegen, Autobahnen der Fluchthelfer. Darunter das Leben. Ich. Vermüllt. Zugeschüttet. Verpestet. Ich drohe zu ersticken. An dieser kleinen tagtäglichen Unachtsamkeit. An der ignoranten selbstgefälligen Entsorgung. Ich drohe zu verstummen unter den breitspurigen Laut-Sprechern. Plastik im Meer, Öl im Gefieder, Lärm im Ohr, Gift im Essen, Gestank in der Luft, Angst in den Gedanken. Dieses Netz der Belastungen, ausgelegt von jedem einzelnen, verbreitet sich stetig. Meine Musik erzählt von dieser Qual.

Für Solo-Violine und Ensemble. Ausgangspunkt: das Individuum=Violine. Geburt. Ein Ton für sich. Im Leben. Im Einklang. Stabil. Stark im Wachsen und Ausbreiten. Jede Klangtextur wie ein unersetzbarer individueller Fingerabdruck. Vielfalt (Polyphonie) ist gewünscht. Aber Vergleiche machen unsicher. Im Aufeinandertreffen das Bedürfnis nach Harmonie. Ausgesetzt den inneren (Violine) und äußeren Verführungen (Ensemble). Neid und Hass erzwingen Anpassungen, die eher eine ästhetisierende Inszenierung der Persönlichkeit verlangen, als eine Entfaltung des Selbst zu ermöglichen. Außen Hui! Innen Pfui! Werbung suggeriert Perfektion. Man nimmt teil. Ohne zu teilen. Man lernt auszuteilen. Die Industrieminute (Ensemble) beschleunigt das Zeitempfinden im exponentiellem Wachstum. Die leeren Lehren der Politik, Religionen und der Medien (Ensemble) predigen elende Ungleichheit. Entweder Ausbeuter oder Ausgebeuteter. Gottmensch oder Untermensch. Gläubiger oder Ungläubiger. Ausgesetzt diesen Gewalten unterliegt die Ideologie. Kapitulation, Leichtsinn, Resignation. Der Mensch selbst wird zum Problemstoff. Umweltsünde über den Tod hinaus.

composition commission by ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln supported by the Ernst von Siemens Musikstiftung